27.11.2018In eigener Sache
Offener BriefSehr geehrter Herr Geselle, sehr geehrte Dezernenten, sehr geehrte Stadtverordnete,
anlässlich der Veröffentlichung der Kulturkonzeption schreiben wir Ihnen als Netzwerk Hammerschmiede e.V. diesen Offenen Brief.
Unser Verein hat die Entscheidung, den Bewerbungsprozess Kassels zur Kulturhauptstadt Europas zu beenden und stattdessen sechs kulturpolitische Ziele in den Fokus zu nehmen, sehr begrüßt. Sowohl in der Kulturkonzeption als auch bei den kulturpolitischen Zielen wird die Stärkung der „freien Szene“ in Kassel als dringend notwendig erkannt. Als Verein, der sich seit 10 Jahren für die Förderung von Kunst und Kultur auf dem Gelände der Hammerschmiede und in Rothenditmold einsetzt, wissen wir, dass es in der „freien Szene“ seit Jahren an Ateliers, Probe- und Veranstaltungsorten mangelt. Allein in diesem Jahr erreichten uns zahlreiche Anfragen von Kulturschaffenden, Sportlern und Veranstaltern für einen Raumbedarf von ca. 2.500 Quadratmetern.
Schon heute funktioniert die Hammerschmiede als Standort für Kultur (Netzwerk Hammerschmiede e.V.), Sport (Mr. Wilson Skateboardverein) sowie das Technikmuseum. Sie hat das Potenzial, den Standort auszubauen und ein Zentrum aktueller Kultur mit Strahlkraft für die Region zu werden. Die documenta hat das im letzten Jahr erkannt und die Hammerschmiede als Ausstellungsstandort einbezogen. Wenn in der Kulturkonzeption der Gründergeist der documenta für die weitere kulturpolitische Entwicklung Kassels beschworen wird, sollten die politischen Entscheider sich in Bezug auf die Planungen für die Nutzung der Hammerschmiede darauf besinnen – das hoffen wir.
Vor zwei Jahren war unser Netzwerk Hammerschmiede bei einer von der Stadt beim Architekturbüro crep D in Auftrag gegebenen Machbarkeitsstudie für die Nutzung der Hammerschmiede als Standort für Kultur beteiligt. Das Ergebnis der Studie beruhte auf den räumlichen Vorgaben der Eigentümer und dem damaligen, später gekündigten Planer. Unsere aktuelle Sorge besteht nun darin, dass mit dem derzeitigen Eigentümer eine im Geiste der documenta „groß gedachte“ kulturelle Entwicklung des Geländes nicht gelegen kommt. Seit fast fünf Jahren hat die „Aroundtown Commercial Properties“ die Hammerschmiede in Besitz. Der Sanierungsstau der denkmalgeschützten Gebäude (Sachgesamtheit und Gesamtanlage nach § 2, Abschnitt 1 und 3 des Hessischen
Denkmalschutzgesetzes vom 28.11.2016) ist enorm. Der Stand der aktuellen Nutzungspläne des Eigentümers wird der Öffentlichkeit und den Mietern der Räume vorenthalten.
Auf Initiative der Mietergemeinschaft der Hammerschmiede – Mr. Wilson Skateboardverein, Technikmuseum und Netzwerk Hammerschmiede – haben wir in diesem Jahr gemeinsam mit dem Architekturbüro foundation 5+ Ideen für die Nutzung des Geländes entwickelt. Darüber wollten wir mit Frau Völker, Herrn Nolda, Herrn Hartung und Herrn Mohr ins Gespräch kommen. Seit Mitte Juni haben wir auf die Anfrage für einen Termin dazu keine Antwort bekommen und wurden bei mündlichen Nachfragen auf die „Nachurlaubszeit“ vertröstet. Unser Eindruck zu diesen Umgangsformen: Die ehrenamtliche Mitarbeit der Kulturschaffenden bei der Kulturkonzeption ist erwünscht, wenn es aber um echte Teilhabe geht, wird die „freie Szene“ nicht mit einbezogen. Dabei drängt die Zeit: Die Bausubstanz verfällt, Netzwerk Hammerschmiede, Technikmuseum und Mr. Wilson haben keine Planungssicherheit weil langfristige Mietverträge für Fördergelder und die Weiterentwicklung ihres Bestandes fehlen, Raumsuchende müssen weiter vertröstet werden und verlassen die Stadt.
Gemeinsam mit dem Technikmuseum und dem Mr. Wilson Skateboardverein möchte das Netzwerk Hammerschmiede e.V. an Sie alle appellieren, wieder in einen Dialog zu kommen und uns nicht am Ende der Verhandlungen mit dem Eigentümer vor vollendete Tatsachen zu stellen.
Mit freundlichen Grüßen
der Vorstand Netzwerk Hammerschmiede e.V.
Tobias Böhm, Reiner Möller, Sigi Böttcher, Lutz Becker, Lars Dytrich, Astrid Hülsmann, Günther Knickrehm, Markus Maifeld und Ruth Lahrmann